Dienstag, 26. Juli 2011

Vom Schlecken und Lutschen - Geschichten aus dem Leben einer Eisverkäuferin - 6

Teil 6 - Von ihrer schlechtesten Seite.

Unsereine/r, so scheint mir, ist prädestiniert, die Leute von ihrer schlechtesten Seite zu sehen. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten sich offenbar überlegen fühlen, und das gerne ein bisschen raushängen lassen, vielleicht auch, weil es in dieser Gesellschaft viel zu tabu ist, sich mal was Gutes zu tun, und die Menschen sich bekloppterweise oft zu schämen scheinen, wenn sie sich selber ein Eis kaufen. Naja, ich will über die Gründe garnicht weiter philosophieren, aber eines will gesagt sein: Dieser Job hat mein Bild auf die Menschen doch ein Wenig....gerade gerückt.
Ein schönes Beispiel von gestern: Ein Kunde bestellt (natürlich ohne Hallo und ohne Bitte, wie wir es gewohnt sind) ein Softeis mit Krokant und eines mit Zimt. Ich mache das Softeis mit Krokant, reiche es ihm, mache das Softeis mit Zimt, stelle es ab, will kassieren, doch der Kunde verkündet: "Das ist aber keine Schokolade." "Nein," sage ich, "sie haben ja auch Zimt bestellt." Der Kunde überlegt einen Moment, schaut erst das Eis, dann mich bitterböse an, und erklärt mir dann betont geduldig: "Ja, stimmt. Aber ich wollte Schokolade." Tja Kumpel, Pech für dich, würde ich sagen.
Ein anderes Beispiel, das mir echt nahe gegangen ist: Im Trubel während die Tagschicht sich auf den Heimweg macht und die Spätschicht sich häuslich einrichtet, komme ich aus dem Hinterzimmer nach vorne, meine Kollegin ist gerade damit beschäftigt, ein Eis zu machen (für sich selbst, wie sich im Nachhinein rausstellte, doch es liegt nur nahe davon auszugehen, dass sie einen Kunden bedient), und am Tresen steht ein Kunde und schaut mich böse an. Die Frau neben ihm kräht mir eine Bestellung entgegen, und ich frage, ob sie und der böse schauende Mann (so formuliere ich es natürlich nicht ;)) zusammen gehören. "JA!" blafft er mich an. Ich frage, ob die Kollegin ihn denn nicht schon bedient, darauf faucht er "NEIN! Darum gucke ich doch so." Aha. Das nenne ich mal gute Manieren. Nun gut, also dann. Ein Seufzen unterdrücken, auf in den Kampf. "Was kann ich denn für sie tun?" "Eine Kugel Eis, in der großen Waffel." Meine Güte, auch noch Extrawünsche. Naja, also greife ich nach der großen Waffel, doch er blafft: "Ist das die größte Waffel, die sie haben?!" Ich zögere einen Moment, diskutiere ich? Lieber nicht. Nun gut, also nehme ich die ganz große Waffel, erkläre ihm etwas unwillig, dass dies die Waffel für fünf Kugeln sei. "Ich zahle auch extra." blafft er ungehalten. Mir reichts. Ich finde, ich war echt tapfer genug, aber hier reißt der Faden. "Sie könnten  einfach etwas höflicher sein,", sage ich, "das wäre mir schon Lohn genug!". Natürlich ignoriert er das, und fährt seine Bestellung (das Selbe nocheinmal für seine (leicht beschämt dreinschauende) Frau) im gleichen unverschämten Tonfall fort. Ich frage mich matt, ob ich ihm erklären soll, dass Leute, die Extrawünsche haben normalerweise höflich nachfragen, ob es vielleicht möglich wäre, und es nicht auf derart grobe Art und Weise einfordern, ich frage mich, ob ich ihm erklären soll, dass ich nicht verpflichtet bin, solchen dämlichen Forderungen nachzugehen, ich frage mich, ob ich ihm sagen soll, er soll sich doch seine blöden 1,40 dahin schieben, wo die Sonne nicht scheint, und sein Eis woanders kaufen, doch dafür ist es ja nun schon zu spät.
Wer jetzt staunt oder gar entrüstet ist, merke dies: Situationen wie diese sind in unserem Job relativ alltäglich. Tja, wie gesagt, ich sehe manche Leute eben von ihrer schlechtesten Seite - jedenfalls hoffe ich das, denn wenn Typen wie der eine noch schlechtere Seite haben, dann aber hallelujah, Freunde!

Und wo wir grad bei Eis sind...ich möchte hiermit stolz verkünden, dass ich heute laut Packung zehn Kugeln (hab es direkt aus der Schüssel gemampft, kann euch daher nicht sagen, ob es wirklich zehn waren ;)) Schoko-Marzipan-Eis gegessen habe. Am Stück. Das mache mir erstmal einer nach! :D

Eine gute Nacht wünscht
freake

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