Samstag, 23. Juli 2011

Vom Schlecken und Lutschen - Geschichten aus dem Leben einer Eisverkäuferin - 5

Teil 5 - Echte Arbeit.
Heute mal ernst.

Manch einer scheint zu glauben, dass unser Job garkeine richtige Arbeit ist. Oft sehe ich in den Blicken der KundInnen diese dekadente Herablassung, die du nur in den Augen von Menschen siehst, die meinen, ihr Beruf macht sie zu etwas besserem. Und wie oft hört man das Wörtchen "nur", im Zusammen hang mit Eis verkaufen. "Na, aber du bist doch nur eine Eisverkäuferin". Naja, ein gewisses nur hat es in meinem Falle natürlich schon, da ich am Ende der Saison weg bin, und dennoch: Ich habe schon den einen oder anderen Job ausprobiert, und mein jetziger steht den anderen in nichts nach (sieht man vom Geld mal ab ;)).
Wir arbeiten hart: Körperlich ist dieser Job eine echte Herausforderung, noch immer bin ich nach einem langen Tag platt wie eine Flunder, die Füße tun weh, die Knie werden steif, das rechte Handgelenk wird dick und wenn ich einmal sitze, stehe ich vorerst nicht wieder auf.
Wir arbeiten mit dem Kopf: Das mag ganz banal scheinen, aber merk dir erstmal vier verschiedene Bestellungen, führe sie richtig aus, addiere dabei im Kopf schonmal den Preis, nimm nebenher Rücksicht auf deine KollegInnen und kompensiere irgendwie die Grobheit der KundInnen... das ist anstrengender, als man meinen sollte.
Und nicht zuletzt ist unser Job regelrecht pädagogisch, Eis verkaufen fordert eine große soziale kompetenz und emotionale Belastbarkeit, denn man ist hoffnungslos den schlechten Manieren, der üblen Laune und dem arroganten Spott unzähliger Schwachköpfe ausgesetzt.
Unser Job mag manch einem minderwertig erscheinen, weil wir nur ein paar Pfennige verdienen, weil wir bei der Einstellung nicht gefragt werden, welchen Schulabschluss wir haben, welche Sprachen wir sprechen, oder wie alt wir sind, wir bekommen einfach eine Schürze umgebunden und werden ins Geschehen geschubst, und dennoch, wir machen echte Arbeit, Arbeit, die ich 3/4 unserer Kundschaft nicht zutrauen würde.

Manchmal bin ich richtig genervt von der allgemeinen deutschen Einstellung zu Arbeit. Ein Job scheint besser zu sein, je weniger Menschen die Chance haben, ihn zu bekommen, je mehr (oft schwachsinnige) Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um auch nur zum Vorstellungsgespräch geladen zu werden, je mehr am Ende des Monats auf deinem Konto ist, oder je besser du zur Arbeit gekleidet sein musst.
Ich sage: Die Frauen und Männer in Schürzen, in Kitteln, in schlichter Kleidung und in Lumpen, das sind die Heldinnen und Helden unserer Nation!

Und jetzt esse ich ein Eis auf euer Wohl! :D

freake

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